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Langeweile ausgeschlossen - meine Kinder, ich und das Chaos im Kopf

Der Tag hat irgendwann ein Ende. Das musste auch ich gestern, am sehr späten Abend, einsehen! Und mal ehrlich. Es wäre doch wirklich unheimlich, wenn ich mit meiner ausgeprägten AD(H)S Struktur einen Prozess, so lieb ich ihn auch habe, immer gleichmäßig bedienen würde. Das wäre ja langweilig und es gibt eben auch immer so viel zu tun! Deshalb sitze ich am heutigen Sonntag am Schreibtisch und schreibe.

Gestern hatte ich mir, nach einem entspannten Vormittag im Stall, die Küche vorgenommen. Ein Teil der Familie befindet sich seit Freitag auf Kurzurlaub. Solche Gelegenheiten nutze ich gerne, um Grundordnung in unseren Haushalt zu bringen. Oder Holzböden nachzuschleifen und mit Öl zu behandeln.

Für meinen Partner ist das, glaube ich, seltsam. Denn wenn ich auf Geschäftsreise bin, vermisst er mich. Schickt liebevolle Nachrichten. Und erholt sich vielleicht auch ein bisschen von mir. Ich hingegen kremple die Ärmel hoch, reibe meine Hände und wurschtle rum. Ohne ein Ende zu finden oder dabei an meine Lieben zu denken. Das erinnert mich an ein Buch, dass eine Art Bedienungsanleitung für Erwachsene mit AD(H)S ist. Also, für das Umfeld von uns! Der Titel „Lass mich, doch verlass mich nicht“ trifft ziemlich genau das von mir gezeigte Verhalten. Denn natürlich liebe ich meine Familie und bin unendlich gerne mit ihnen zusammen. Doch genauso brauche ich meine Freiheit. Um Dinge zu tun, die nur für mich wichtig sind. Um einfach mal „sein“ zu können. Ohne Rücksicht auf andere oder ein schlechtes Gewissen, wenn ich eben keine Rücksicht nehme. Das ist für einen Partner ohne AD(H)S sicherlich oft schwer nachvollziehbar.  

Zurück zur Küche. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass es hierzu keine Details gibt. Denn was ich teilweise entdeckt und entfernt habe, war ziemlich eklig. Davon abgesehen habe ich mich viele Stunden lang gefragt, ob ich wirklich die einzige Erwachsene mit einer Wahrnehmungsstörung in unserem Haushalt bin. Die Kinder sind ja, abgesehen von ihrer eigenen Betroffenheit, noch Kinder.

Kurzum: unsere Schränke sind sauber und ziemlich leer. Wie viele Soßen zum Fleisch braucht ein Mensch?!?! Mit dem Wissen, dass die Hälfte davon eh im Müll landet. Ich habe mich gefühlt wie im Haushalt meiner Großeltern, die alles fünffach vorrätig hatten – die Kriegsgeschädigten eben. Doch wir sollten davon echt weit entfernt sein.

Weniger ist mehr und bedeutet auch mehr Ordnung, Struktur und Klarheit. Das ist für meine innere Ordnung wichtig. Das Badezimmer hatte ich übrigens letztes Wochenende auf den Kopf gestellt. Ich kann dieses Chaos einfach nicht aushalten, werde immer unruhiger und irgendwann geht nichts mehr. Dieses Bewusstsein für Ordnung und Struktur habe ich mir erarbeitet. Über viele Jahre hinweg. Und immer wieder muss ich mich disziplinieren! Doch dieser innere Aufruf kostet deutlich weniger Kraft, als mit der äußeren Unordnung umzugehen. Auch das habe ich inzwischen gelernt.

Hoffentlich können meine Kinder früher als ich zu dieser Erkenntnis gelangen. Unser großes Pubertier zeigt auf jeden Fall deutliche Anzeichen. Er räumt inzwischen einmal in der Woche sein Zimmer gründlich auf und macht es sich gemütlich. Vielleicht ist mein Vorbild hier tatsächlich hilfreich!

 

Jetzt, wo ich am Schreibtisch sitze, kann ich endlich die Steuererklärung machen. Auf den letzten Drücker natürlich. Ob sich das je ändern wird? 

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