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Langeweile ausgeschlossen - meine Kinder, ich und das Chaos im Kopf

Ertappt! Direkt nach dem ersten Schluck Kaffee ist es mir eingefallen. Ich habe gestern meinen Beitrag vergessen! Warum?

Um Ausreden bin ich definitiv nicht verlegen, typisch für uns AD(H)S Betroffene. Reden kann ich und zu tun habe ich ja auch immer.

Doch eines habe ich sicher gelernt in meinem Leben. Mich selbst zu belügen führt in eine Sackgasse. Jetzt bilde ich mir ja immer ein, dass ich zu den sehr strukturierten Menschen gehöre. Und vor allem im Berufsalltag wird mir diese Einbildung gerne bestätigt.

Meiner Erfahrung nach ist Disziplin die notwendige Partnerin der Struktur. Gestern hatte sie offensichtlich bei mir Ausgang. So kommt es, dass mir Dinge durchrutschen, die mir doch wichtig sind. Oder die ich anderen zugesagt habe. Denn auch eine Freundin habe ich gestern versetzt (sorry Natascha!) - ich wollte mich telefonisch melden.

Stattdessen ... wie gesagt, Ausreden gibt es.

Auch meine Kinder spüren, für sie positiv, wenn mir meine Disziplin kurzzeitig abhanden kommt. Denn das zweite Kapitel der Hausarbeit meines Sohnes ist nicht fertig. Obwohl eben genau gestern die Deadline war. Entsprechend darf ich morgen meine fehlende Konsequenz selbst ausbaden und den Sonntag damit verbringen, das Pubertier aus dem Bett und an den Laptop zu locken. Es wird natürlich gelingen - und anstrengend!

Denn, auch wieder typisch für Jugendliche mit AD(H)S, vorausschauend handeln und planen muss noch geübt werden!

4 Wochen bis zur Fertigstellung sind einfach ein zu langer Zeitraum. Deshalb haben wir die Wochenziele vereinbart und als Tagesziele im Kalender vermerkt. Mit dem Resultat, dass er trotzdem alles bis zur letzten Minute aufschiebt. Und am Ende der Woche ein ganzes Kapitel schreiben muss. Was da hilft? Training. Immer wieder. Am Ball bleiben. Ich bleibe sein Dirigent, bis er diese Dinge selbst schafft. 

Wichtig ist und bleibt, immer gnädig mit mir zu sein. Fehler, auch fehlende Disziplin und Struktur, dürfen sein. Ich muss mir dessen bewusst sein um damit umzugehen. Keine Vogel-Strauß Politik! Deshalb sitze ich auch jetzt am Schreibtisch und mache eine Gartenarbeitpause. Um zu schreiben und nachzudenken.

Welches Vorbild benötigen meine Kinder, um mit ihrer ganz eigenen Symptomatik umgehen zu lernen? Denn natürlich sind wir, bei vielen Ähnlichkeiten, doch vollkommen unterschiedlich in der Kompensation. Was sicherlich auch am Alter und den gemachten Erfahrungen liegt! Ich persönlich bin sehr dankbar dafür, dass ich heute, mit 45 Jahren, auch auf medikamentöse Hilfen für mich und die AD(H)S Symptome zugreifen kann. Klar spüre auch ich die Nachteile, die mir berichtet werden.

Am auffälligsten ist es, dass Struktur und Disziplin die Kreativität (bei mir und vielen anderen) fast ausschließen. Und genau das führt dazu, dass Pubertiere mit AD(H)S oft dazu geneigt sind, auf diese Hilfe zu verzichten. Sie haben das Recht dazu, natürlich! Doch wer oder was ersetzt dann die unterstützende Wirkung einer Medikation? Die Eltern!

Die Jugendlichen greifen auch gerne verstärkt zu Koffein (was ich persönlich absolut in Ordnung finde) und Nikotin. Letzteres ist für uns Eltern natürlich vollkommen inakzeptabel. Verändern können wir es häufig leider nicht. Nikotin und Koffein haben einen positiven Einfluss auf den Botenstoff Dopamin. Und der wird eben bei AD(H)S Betroffenen nicht ausreichend zur Verfügung gestellt.

Ich habe selbst im Jugend- und Erwachsenenalter viel geraucht und Kaffee getrunken! Immer dann, wenn ich mich konzentrieren wollte. Rückblickend verstehe ich das. Gleichzeitig wünsche ich mir für meine Kinder einen anderen Weg. Dabei sollen sie gerne ihre eigenen Erfahrungen sammeln und daraus lernen - ich berichte lediglich von mir und meiner Entwicklung. In der Hoffnung, dass es gehört wird. 

Jetzt möchte ich aber trotzdem einen Grund für mein verspätetes Schreiben mitteilen. Denn ich habe gestern am Schreibtisch gesessen und wollte loslegen. Um dann meiner Impulsivität nachzugeben und einen Artikel anzufangen zu einem Thema, dass mich sehr beschäftigt. Wie gelingt es uns AD(H)S Betroffenen, im Berufsalltag zu bestehen? Welche Hilfen können Arbeitgeber und Kollegen geben? Wollen wir das überhaupt? Können wir wirklich offen über unsere Symptome sprechen? Ich finde, darüber sollte ich noch weiter nachdenken. Bei der Gartenarbeit. Die jetzt wieder dran ist!

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