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Langeweile ausgeschlossen - meine Kinder, ich und das Chaos im Kopf

Es ist Freitag. Und ich habe mir das Ziel gesetzt, jeden Freitag zu schreiben. Über mein Leben mit den AD(H)S Symptomen. Da Schieberitis (Fachbegriff: Prokrastination) mein zweiter Vorname ist und ich unter Zeitdruck in der Regel akzeptable bis gute Ergebnisse erziele, habe ich natürlich nichts vorbereitet, um es einfach heute online zu stellen. Immerhin habe ich mir einen Termin im Kalender eingestellt. Digital natürlich. Hat geklappt!Diesmal.

 

Und  in vielen Jahren der Berufstätigkeit habe ich mir angewöhnt, mich an dieser Stelle zu disziplinieren. Langfristig ist das ständige ad hoc arbeiten oder auf die Schnelle noch ein paar Folien zaubern ziemlich anstrengend! Auch für AD(H)Sler. Durch die oft fehlende Wahrnehmung des eigenen Energieniveaus laufen wir Gefahr, uns komplett auszupowern. Was in jüngeren Jahren noch irgendwie zu kompensieren ist, wird mit zunehmendem Alter und mit Gründung einer eigenen Familie schnell zur Herausforderung. Die gute Nachricht: auch hier kann Struktur helfen und vorbeugen! Es muss nicht immer alles sofort erledigt werden! Und eingeplante Pausen und Entspannungszeiten können helfen, die Batterien aufzuladen oder den aktuellen Füllstand wahrzunehmen! Ohne Frage spüre ich mich enorm, wenn ich mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft habe. Dann gelingt mir konzentriertes und strukturiertes Arbeiten am ehesten. Sobald ich das Gefühl von Freiraum und Leerlauf habe, vertue ich Zeit, fange tausend Dinge gleichzeitig an ohne sie abzuschließen. Was letztlich stresst! Deshalb trage ich mir inzwischen alle ToDos mit einer realistischen Zeitangabe in meinem Kalender ein. Auch sichtbar für meinen Partner. Und mit einer entsprechenden Unterscheidung zwischen beruflichen und privaten Themen und Terminen. 

 

Was als Single im privaten Leben noch gut funktioniert hat, war plötzlich mit zwei Kindern unmöglich. Ich musste also lernen, die berufliche Struktur auf mein Privatleben zu übertragen. Um für meine Kinder und den täglichen Umgang mit ihrer AD(H)S Symptomatik als Vorbild dienen zu können. Klar gab es auch vor der Familiengründung feste Abläufe in meinem Leben. Die alltäglichen Dinge habe ich immer gut hinbekommen. Doch phasenweise hatte ich keinen Überblick mehr über meine finanzielle Situation, meine Versicherungen, Steuererklärung oder Verträge jeglicher Art. Post öffnen und Ablage machen - bäh! Einmal im Jahr, zur Fälligkeit der Steuererklärung, kam dann der große Stress. Und ja, auch heute noch spüre ich eine starke Abneigung gegen Tätigkeiten, die meine Aufmerksamkeit zu lange auf für mich vollkommen uninteressante Dinge binden. Schließlich lebe ich im Hier und Jetzt und was gestern war oder morgen sein wird - egal. Trotzdem bin ich die Mutter, die ihrem fast erwachsenen Sohn vorgibt, über eine größere finanzielle Anschaffung eine Nacht zu schlafen. Mit dem Wissen, dass es für die Impulsivität des Heranwachsenden schier kaum auszuhalten ist. Doch an dieser Stelle habe ich gelernt, den Blick in die Vergangenheit zu richten. Meine eigenen Erfahrungen als Ratgeber zu nutzen.

 

Mein Sohn sagte kürzlich, dass es echt anstrengend ist mit so einer AD(H)S Mutter. Um dann einzuräumen, dass es mir mit ihm und seiner Schwester wohl genauso geht. Ich habe eine Weile über diese Aussage nachgedacht. Tatsächlich glaube ich, dass unser gemeinsames Leben stark eingefärbt wird durch unsere Symptomatik. Sie ist ein verbindendes Band, das uns einen verständnisvollen Umgang miteinander ermöglicht. Erst durch das Zusammenleben mit meinem Kindern bin ich mir der eigenen Symptomatik bewusst geworden. Dieses Bewusstsein ist mir ein guter Begleiter geworden. Deshalb schaffe ich mir heute einen abwechslungsreichen Alltag.

 

Übrigens: heute Abend steht Yoga auf dem Programm. Hatha-Yoga. Wo? Zu Hause und alleine. Denn feste Termine in einem Kurs sind nichts für mich. An dieser Stelle darf meine Spontanität Raum bekommen. Mit der Gewissheit, dass ich diesen Termin mit mir selbst wöchentlich mehrfach stattfinden lasse. 

Passt nicht zur AD(H)S Symptomatik? Aber sicher doch! Wenn es einen Sinn ergibt, Spaß macht und sich gut anfühlt. 

 

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